Wegzeichen IV: Der Kreis schließt sich – aus Digital wird Papier
Als ich vor ziemlich genau drei Jahren Teil I bis III dieser kleine Artikel-Serie zur Wegemarkierung und Nutzug von OpenStreetMap als Wanderkarte geschrieben habe, stand bereits im Raum, dass die Landesvermessungsämter die Herausgabe von topographischen Wanderkarten zurückfahren bzw. einstellen (s. Wegzeichen III: Wanderwege digital dokumentiert auf OpenStreetMap).
Nun ist es tatsächlich so weit gekommen. Bei der Kontrolle meiner Literaturempfehlung für eine Wandertour im Taunus auf Aktualität, musste ich feststellen, dass die bisher verlinkte Topografische Freizeitkarte Hessen – Rheingau: Bl. 1 (1 : 25.000) nicht mehr lieferbar ist. Vor zwei Jahren wurde wohl der Druck eingestellt, die letzten Exemplare sind vergriffen.
Die gute alte Wanderkarte auf Papier wollen wir nicht missen, wenn auch ein GPS-Gerät mit digitaler Karte unser ständiger Begleiter auf Touren ist. Das ist wunderbar, um einem Track zu folgen, an einer unklaren Abzweigung den richtigen Weg zu wählen oder aber sich schnell zu orientieren, wo man gerade ist. Für einen Überblick oder auch die Streckenplanung eignet sich das kleine Ding in der Hand nur wenig, da zählt Größe.
Die bekanntesten Alternative sind sicherlich die Kompass Wanderkarten, die es mit dem Blatt Westlicher Taunus 1 auch für den Rheingau gibt. Doch allerdings bieten diese nur einen Maßstab von 1:50.000, für eine gute Orientierung vor Ort sind 1:25.000 definitiv die bessere Wahl.
Ein kleiner Verlag aus Stuttgart namens NaturNavi hat sich jedoch zum Ziel gesetzt, diese Lücke zu schließen. Dabei nutzt er die Kartendaten des offenen Projekts OpenStreetMap und arbeitet bei der Wegekennzeichnung teilweise mit lokalen Wandervereinen zusammen. Erste Karten gibt es für die Bodensee-Region, den Raum Stuttgart, den Taunus und Vogelsberg – weitere sind in Vorbereitung. Mehr Informationen zum Projekt findet man in diesem Artikel der Taunus-Zeitung.
Das Kartenblatt für den Rheingau, das in Zusammenarbeit mit dem Rhein-Taunus-Klub e.V. entstanden ist, habe ich mir gleich einmal besorgt. Bestellt werden kann es z.B. über den folgenden Amazon-Link:
Ein kleiner Test
Bevor die Karte in den Praxis-Test geht, habe ich sie mir einmal im Detail und Vergleich zur alten Topo-Karte angesehen.
Beim ersten Entfalten der NaturNavi-Karte fällt das besondere Papier auf, dass der Hersteller als wasserfest, strapazierfähig und umweltfreundlich bezeichnet – definitiv ein Pluspunkt für die nächste verregnete Herbstwanderung.
Die abgedeckte Fläche ist etwas kleiner, als bei der alten Rheingau-Karte, leider fehlt dadurch mit Walluf auch eine Rheingaugemeinde – dafür benötigt man dann die Anschlusskarte Wiesbaden und Umgebung.
Drei Viertel der kartografierten Fläche befindet sich auf der Vorderseite des Kartenblatts, auf der Rückseite findet sich ein weiteres Viertel, der Rest wird durch die Legende, eine Übersichtskarte von Hessen und ein umfangreiches Ortsregister belegt. Die Faltung der Karte ist so schlau gewählt, dass man beim Wandern im Grenzgebiet zwischen Vorder- und Rückseite trotzdem nicht ständig die Karte drehen muss (ist schwer zu erklären, aber vielleicht auf den Bildern zu erkennen).
Die Kartendarstellung ist gut und kontrastreich mit Höhenlinien und einer Schattierung, die Berge und Täler sehr gut visualisiert. Nicht nur Wanderwege (in Rot), sondern auch Radwege und ausgewiesenen Mountainbike-Touren (in Grün) werden dargestellt. Der Großteil der Wanderwege ist mit den entsprechenden Symbolen gekennzeichnet, dies sind insbesondere die Wege des Rhein-Taunus-Klub e.V. Ein anderer Teil, unter anderem Premium-Wanderwege, wie der Rheinsteig, sind nur mit Zahlen markiert mit entsprechender Zuordnung in der Legende. Das gleiche gilt für die Radwege. Ob es eine Einschränkung in der regulären Nutzung bedeutet, dass man die Symbole dort nicht auf den ersten Blick am Weg findet, kann ich noch nicht beurteilen.
Perfekt für die Tourenplanung, sind nicht nur die eingezeichneten Parkplätze und Bahnhöfe, sondern auch Haltestellen der regionalen Buslinien und eine Auswahl von Restaurants. Sehr wichtig für eventuelle Notfälle während einer Tour, ist die Markierung von verfügbaren Rettungspunkten im Wald.
Abgerundet mit einem UTM-Koordinatengitter als Schnittstelle zur Navigation mit dem GPS-Gerät wird die NaturNavi-Karte sicherlich zur dauerhaften Ergänzung unserer Wander-Ausstattung. Während der nächsten geplanten Taunus-Tour werden wir die Praxistauglichkeit erstmals testen.
Insbesondere durch die Datenbasis aus der freien OpenStreetMap, finde ich dieses Projekt unterstützenswert. Ein Infotext auf der Karte legt den Benutzern nahe, gefundene Fehler auf www.openstreetmap.org selbst zu korrigieren. Anschließend kann man mit Stolz behaupten, dass man zu dieser Wanderkarte selbst beigetragen hat – ich kann es jetzt bereits ;-).
Wegzeichen
- Teil I: Wege markieren in der realen Welt
- Teil II: Wandern mit OSM-Karten
- Teil III: Wege markieren in der virtuellen Welt
- Teil IV: Papier-Karte auf OSM-Basis
Erwähnt in der Wochennotiz des OSM-Blogs:
http://blog.openstreetmap.de/blog/2018/09/wochennotiz-nr-423/